Mausoleum des Fürsten Ernst

 



"Fama"
 die Allegorie des Ruhmes am
 Monument des Fürsten


Mausoleum
Ansicht von Süden


Mausoleum
Innenansicht




Die rechte Wächterfigur
im Hintergrund
 das Epitaph Graf Otto IV.


Blick in die Kuppel
mit dem "Engelskonzert"


Die Vision des Ezechiel
Ausschnitt aus dem Gemälde
von Anton Boten


Der auferstandene Christus
und drei Wächterfiguren (unten)
von Adriaen de Vries

"Auf dem Kirchplatz des von dem Getriebe und Geräusch der Welt fast unberührten Städtchens Stadthagen im Fürstentum Schaumburg-Lippe steht mitten unter den echt niedersächsischen Fachwerkbauten neben der Kirche ein Denkmal von klassischer Schönheit, das Mausoleum des Fürsten Ernst von Schaumburg-Holstein. Behaglich schauen die mit reichgeschnitztem Holzwerk bekleideten Giebel der niedrigen Häuser zu dem stolzen vornehmen Eindringling hinüber..." so beschreibt Walter Mackowsky seine Eindrücke 1904 in den "Beiträgen zur Bauwissenschaft". Auch den heutigen Besucher überrascht die "klassizistische" Strenge des Bauwerks, das unvermittelt hinter der gotischen St. Martinikirche aufragt . 

Die am Architrav umlaufende Inschrift in vergoldeten Buchstaben  gibt Funktion und Anspruch des Bauwerks kurz und prägnant wieder.  

MONUMENTUM PRIN: ERNESTI COMIT: H: S: QUOD Ao M.DC.XX.
A’ VIVO CŒPTUM, TERTIO POST ILLUSTRISS: ABSOLVIT VIDUA HEIDEWIGIS.

In freier Übersetzung:  „Monument des Fürsten Ernst, Graf von Holstein-Schaumburg, welches im Jahr 1620 zu Lebzeiten begonnen wurde. Drei Jahre nach dem Tod des Durchlauchtigsten hat seine Witwe Hedwig es beendet.“ 

Versteckt hinter dem Altar liegt der Zugang.  Ein schmaler, dunkler Gang verbindet die Kirche mit dem lichtdurchfluteten Innenraum. Die Überraschung wird hier noch gesteigert. Vor der marmornen Prunkfassade der Rückwand  werden die Bronzefiguren der Auferstehung Christi von Adriaen de Vries in Szene gesetzt. Die Architektur, die Bauplastik und die Malerei bilden gemeinsam mit der einzigartigen Figurengruppe ein Gesamtkunstwerk, das seit seiner Errichtung unverändert besteht.

In seinem Betrag über das Mausoleum in der Zeitschrift für bildende Kunst von 1896, bemerkt bereits Prof. Dr. Haupt: "... selbst Prachtwerke ersten Ranges, die in Italien oder Frankreich ohne Aufhören seit ihrer Entstehung Wallfahrtsorte der Kunstfreunde und Kunstjünger gewesen wären, harren noch heute vergessen in einem Winkel Deutschlands ihrer Wiederauffindung." 

Tatsächlich war das Mausoleum bis vor kurzem nur dem Fachpublikum bekannt. Durch die in den letzten Jahren erschienenen zahlreichen Veröffentlichungen und die aktuelle Möglichkeit einer Besichtigung zu verlässlichen Öffnungszeiten wird dieses Kunstwerk von internationaler Bedeutung nun einem breiten Publikum bekannt.  

Das Mausoleum  war von seinem Erbauer nicht, als dynastischer Repräsentationsbau errichtet worden, sondern nur für vier Personen bestimmt: Die Eltern des Fürsten, Graf Otto IV. und Gräfin Elisabeth-Ursula geb. Herzogin von Braunschweig-Lüneburg, seine Frau Gräfin Hedwig geb. Landgräfin von Hessen und ihn selbst. Der Fürst blieb ohne Nachkommen.

Auf das Jahr 1608 gehen die Planungen mit dem kursächsischen Architekten, Kunstagenten und Bauunternehmer Giovanni Maria Nosseni zurück, der bereits seit 1603 für Ernst in Bückeburg tätig geworden war. Nosseni hatte die Grablege der wettinische Fürsten am Freiberger Dom errichtet und brachte für die zu bewältigende Aufgabe die notwendige Erfahrung mit. Er besaß beste Verbindungen zu den stilbildenden Künstlern seiner Zeit und konnte aufgrund seines Privilegs zur Ausbeutung der sächsischen Marmorbrüche das Material für die Innendekoration aus eigenen Mitteln liefern. 

Bereits dieses frühe Stadium sieht einen überkuppelten Zentralbau mit der Auferstehungsgruppe im Zentrum vor. Hierzu vermittelte Nosseni den Kontakt zu dem Bronzebildner Adriaen de Vries, der als Künstler am Hof Kaiser Rudolf II. in Prag alle Voraussetzungen zur Realisierung eines so prächtigen und umfangreichen Werkes erfüllte. 

Ob die bauhistorisch einzigartige Form des Siebenecks schon auf Nosseni zurückgeht ist ungeklärt. Pläne oder Modelle sind nicht überliefert, anhand der Korrespondenz sind die Planungsphasen  gut erforscht. Im Schreiben vom 9.März 1608 wünscht Graf Ernst einen Bau für 4 Personen "uff ein besonde[re] Figur". Nosseni erhält den Auftrag als Generalunternehmer. Um den bei seinem Besuch in Bückeburg im gleichen Jahr erstellten Kostenvoranschlag und seine späteren Nachforderungen kommt es jedoch zum heftigen Streit mit dem Grafen. Gegenseitige Drohungen und Beschimpfungen führen 1612 zur Vertrags-annullierung. 

Graf Ernst musste nun sowohl die Bauplanung als auch die Materialbeschaffung und die Beauftragung der beteiligten Künstler in die eigenen Hände nehmen. 

Der Bildhauer Hans Wolff aus Hildesheim, der bereits umfängliche Arbeiten im Schloss und an der Stadtkirche von Bückeburg in hoher Meisterschaft ausgeführt hatte, fertigt die Bauplastik. Der Maler Anton Boten, der mit Stipendium des Grafen bei Hans Rottenhammer in Augsburg gelernt hatte, führt die Malereien aus und übernimmt spätestens seit 1623 auch die Bauaufsicht. Der vielfarbige Marmorfußboden wird von Albert Dutthorn aus Dresden geliefert. Bei dem Antikenhändler Guglielmo Badochio in Mailand werden die mehrfarbigen Marmorsäulen der Epitaphe bestellt. 

Anfang 1613 tritt der Graf mit Adriaen de Vries in direkten Kontakt und bestellt zunächst das bronzene Taufbecken für die Stadtkirche in Bückeburg. In der Folgezeit wird Ernst eine Reihe bedeutender Bronzewerke von de Vries erwerben. 

1617 wird der Kontrakt über die "Auferstehungsgruppe"  geschlossen. Sie umfasst 13 vollplastische Figuren und 6 Reliefs. Bereits 1618 erfolgt eine erste Teillieferung.

Als Fürst Ernst 1622 stirbt ist die Bronzegruppe vollendet, die Marmorsäulen, der plastische Schmuck der Wandverkleidung, die Sandsteinblöcke und die weiteren Baumaterialien liegen bereit aber mit dem Bau ist noch nicht begonnen worden. Seine Witwe Hedwig beginnt nun nach Kostenzusicherung durch den neuen, aus der Gemener Seitenlinie stammenden Grafen Jobst Hermann mit dem Bau und vollendet diesen nach 5 Jahren. 

Im Ergebnis entstand, bei aller Reichhaltigkeit des Dekors ein Gebäude von durchaus zurückhaltender Eleganz. Im Vergleich mit anderen von Nosseni entworfenen Bauten, die durch die Kleinteiligkeit und Schwere der Dekoration auffallen, scheint sich nach dessen Ausscheiden eine Planänderung zugunsten der eingangs zitierten „klassischen Schönheit“ vollzogen zu haben.

                           

Zusatzinformationen zu folgenden Themen:
Fürst Ernst von Holstein-Schaumburg
Der 7-eckige Grundriss des Mausoleums
Auferstehungsgruppe und Denkmal des Fürsten
Das "Engelskonzert"

Weiterführende Literatur